22.10.2022 Durchs herbstliche Gasteretal pilgern

Die Regenfront ist viel rascher abgezogen als erwartet. Es trocknet rasch ab und klart schnell auf. Nach der Begrüssungsrunde in Selden erreicht uns die Sonne. Blauer Himmel strahlt über frisch verzuckerten Berggipfeln. An den Hängen stehen einzelne Lärchen wie Flammen vor den Felsen. Es geht sich gut, wenn es so geht - von Selden nach Kandersteg! Als Gruppe mit 22 Personen bringen wir die Hängebrücke über die Kander mächtig ins Schwanken. Im Angesicht des Gasteregesichts entfalten wir das Thema von heute: "Von Angesicht zu Angesicht". Gesichter sind Identifikationsmerkmale einer Person. Man kann einer Person im Gesicht ablesen, wie es ihr geht. Macht sie ein langes Gesicht? Hellt sich ihr Gesicht auf? Man schlägt vor Schreck die Hände vors Gesicht. Man kann sein Gesicht verlieren und sogar einen Schlag ins Gesicht erhalten. Oder man setzt ein Pokerface auf, weil man nicht zeigen will, wie es einem geht. Und plötzlich schaut man der Wahrheit ins Gesicht. Was man alles lesen kann, wenn man einander von Angesicht zu Angesicht gegenübersteht. Und Gottes Angesicht? Zeigt er es oder wendet er es ab? Wenn es von Mose heisst, "dass Gott mit ihm während dem Auszug aus Ägypten im "Zelt" von Angesicht zu Angesicht gesprochen hat, wie mit einem Freund" dann macht das deutlich: Wenn von Gottes Angesicht die Rede ist, geht es um ein Beziehungsgeschehen und nicht darum, wie Gott aussieht. Aber wenn Gott an etwas erkennbar ist, dass daran, dass "sein Angesicht freundlich über den Menschen leuchtet".
Das Gasteretal ist reich an Geschichte: Da sind die Funde aus der Bronzezeit oben vor dem Lötschenpass, die Gasterebibel aus dem Jahr 1696, die Tatsache, dass der Untergrund des Tals nicht ganz dicht ist, was einerseitzs dazu beigetragen hat, dass beim Bau des ersten Lötschbergeisenbahntunnels die Kander in den Tunnel durchgebrochen ist. Man hat die Tunnelstrecke unter dem Gastereholz neu legen müssen. (Ob manchmal eigene Gottesbilder auch geflutet werden und neu gelegt werden müssen?) Und andererseits hat es das Tal vor dem Bau eines Stausees bewahrt. Es wäre zu viel Wasser versickert. Der Geltanbachfall ist dafür heute ausgetrocknet. Nur seine Tränen, die kleinen Wasserfälle daneben, führen Wasser. Kein Wunder, nach diesem trockenen Sommer! Den Eingang zum Bundesratsbunker bei Eggenschwand betrachten wir von oben. Das dahinter liegende Nationalbankgold stelle ich mir wie einen Zwergenschatz der Filmreihe "Hobbits" vor...