12.10.2020 Vom Kloster Claro nach Osogna

Nach dem heutigen Tag ist es mir schwer gefallen, für diesen Wanderbeitrag ein Bild auszulesen:
- Soll ich ein Bild aus dem Gotthardbasistunnel hochladen, auf dem die Distanz bis zum nächsten Sicherheitsstollen ersichtlich ist, der zur anderen Tunnelröhre führt? Wir sind lange im Tunnel steckengeblieben. Der Lokführer versuchte, die Elektronik im Führerstand herunterzufahren und wieder hochzufahren, was ihm wohl auch gelungen ist, aber die Signalstörung wollte und wollte nicht verschwinden. Nach der fünften Lautsprecherdurchsage freundete ich mich schon mit dem Szenario an, dass der Zug nicht mehr wegkommt und wir - durch die Verbindungsstollen zwischen den beiden Tunnelröhren gehend - in einen Ersatzzug steigen müssen, der in der parallel verlaufenden Röhreextra für uns hingefahren würede. Es kommt nicht soweit: Endlich klappt es doch noch mit der Weiterfahrt und mit 85 Minuten Verspätung mache ich mich von Bellinzona anstelle des Busses mit einem Taxi auf zur Luftseilbahn, die vom oberen Dorfrand von Claro zum Benediktinerinnenkloster S.Maria Assunta hochfährt. Aber nein, so ein Bild aus dem Tunnel ist mir zu dunkel...
- Soll ich ein Bild der Seilbahn hochladen? Ich melde mich per Knopfdruck an und eine Nonne öffnet mir elektronisch vom Kloster her die Türe zur Kabine - und setzt diese in Bewegung, nachdem sie sich via Kamera vergewissert hat, dass ich eingestiegen bin und die Türe verschlossen habe. Oben bezahle ich die Fahrt an der Klosterpforte. Wieder eine Stimme aus dem Lautsprecher, beäugt von einer "Überwachungs"kamera, lege ich den Fahrpreis in eine Schale, die an einem sich drehenden hölzernen Rund"fenster" auftaucht. ("Fenster" in Anführungszeichen, weil es ja aus Holz besteht. Man sieht nichts! Die Nonne bleibt unsichtbar. Die Benediktinerinnen leben in Klausur. Es gibt - ausser bei den Stundengebeten in der Kirche - keinen Sichtkontakt mit ihnen. Nein, so ein Bild will ich auch nicht hochladen...
- Soll ich ein Bild der wunderschön auf Lichtungen gelegenen kleinen Weiler Moncrin oder In Caurí hochladen? Die Tessiner Steinhäuschen (mehrheitlich Wochenendhäuschen) liegen auf sonnigen Aussichtsterrassen. Ich tue es nicht. Die Qual der Wahl der Bilder!
- Soll ich ein Bild von einem grossen, mächtigen, alten von Wind und Wetter gezeichneten Kastanienbaum hochladen? Er wäre es wert - samt den stacheligen Früchten, die meinen Weg durch die lichten Kastanienwäldern säumen. Ich tue es nicht. Die Qual der Wahl der Bilder! (A propos Kastanienbäume: Es muss vor Kurzem ein kräftiger Sturm durch den Hang gefegt sein. Ich muss über grosse Bäume kraxeln. Einige muss ich im steilen Gelände umgehen. Gut, wenn hier mal wieder eine Motorsäge vorbeikommt!)
- Soll ich ein Bild der überraschend im Wald auftauchenden Kirche Sta. Pietà hochladen, von der man das ganze Tal zwischen Bellinzona und Biasca überblickt? Die Qual der Wahl der Bilder...
- Ich entscheide mich schliesslich für ein Bild der Smaragd grün schimmernden Boggera. Der Bach taucht wie aus dem Nichts auf. Ein Wasserfall stürzt sich in ein Becken, das bei wärmeren Lufttemperaturen zum Bad einlädt. Die Felsen spiegeln und brechen das Licht. Ich kann mich fast nicht lösen von der Schönheit des schillernden Grüns...
Und dazu kommt: Während auf der Alpennordseite nass kaltes Wetter herrscht, ist hier im Tessin keine Wolke zu sehen. Der Nordföhn bläst. Ich muss mich losreissen von diesem Licht, von dieserLandschaft, von dieser Natur.  Mit heute Abend sind meine Ferien zu Ende. Morgen beginnt das hauptberufliche Arbeitsleben wieder. Heute war ein würdiger Abschluss meiner Ferienzeit!
- Ach ja: Und wer doch noch ein paar andere Bilder der Wanderung von Claro nach Osogna sehen will. Sie gibt es hier.