12.8.2019 Wattwil - Neuhaus - Schmerikon

"Die Pilgerwanderung findet bei jedem Wetter statt." So formuliere ich es jeweils auf meinen Ausschreibungen der Pilgerwanderungen. Heute kann ich beim Recognoszieren selber den Test machen, ob das auch funktioniert. Von Wattwil bis kurz vor Schmerikon bin ich im Dauerregen unterwegs, z.T. gespickt mit leichten Gewittern. Und: Es geht, wenn man geht. Der Schirm ist aufgespannt, der Wind ist schwach, der Regen kommt von oben und nicht von der Seite. Das macht das Gehen in der Nässe passabel. Der Nebel, der alles verdeckt, bewirkt, dass ich wie durch eine Geisterlandschaft ziehe. Sie ist mit Einzelhöfen verziert, an denen ich z.T. vorbeikomme. Die Kühle, obwohl nicht fern, sehe ich nicht, sondern höre nur ihr Glockegeläut, das mich durch den Nebel begleitet. Es ist ein eigenes Gehen, wenn das Auge sich im Grau verliert. Die Ohren werden empfänglich für die Geräusche! Unterwegs treffe ich eine Pilgerin an, die bei München gestartet ist und Mitte November in Santiago ankommen will. Sie ist froh für einen kurzen Austausch: Entweder hat sie Hitzetage erlebt, oder Regentage mit Gewittern. Die Stimmung hebt sich bei ihr durch das Gespräch, auch wenn es heute wie aus Kübeln giesst. Einmal surrt ein Blitz dem Kabel einer Hochspannungsleitung entlang. Ein eigenartiges Geräusch. Vor St. Gallenkappel verlasse ich den Nebel und der Blick weitet sich zum ersten Mal - weiterhin durch Schauer hindurch - bis zum Obersee. Ich bewundere die Jakobsukapelle in Neuhaus und nehme dann den Weg, der nach Schmerikon an den Obersee führt. Die letzte Vierstelstunde gehe ich unter Sonnenstrahlen. Und am Bahnhof kann ich in der Sonne meine Kleider trocknen, währenddem ich meinen Lunch esse. Ich habe unterwegs keine Pause gemacht. Es gab keinen trockenen Ort zum Rasten und so bin ich einfach gegangen, gegangen, gegangen. Es geht, wenn man geht! Die Pilgerwanderung findet bei jedem Wetter statt.